Auf einer türkischen Halbinsel steht eine Villa, deren Dach aussieht wie eine riesige Meereswelle. Das Besondere daran: Es besteht ganz aus Holz. 

Das Dachtragwerk wird von Primärträgern aus Eiche und Baubuche mit dazwischen gespannten Sekundärträgern aus Fichte gebildet. Augenfällig ist der abgerundete und geschwungene Dachrandbalken aus Eiche. Foto: Blumer-Lehmann AG

Wasser schlägt Wellen. Doch Holz kann das auch. Das beweist ein Bauprojekt in der türkischen Ferienregion Bodrum. Auf der Halbinsel Kaplankaya hat das berühmte Architekturbüro Foster + Partners mit der Schweizer Blumer-Lehmann AG eine Privatvilla entworfen, die aufgrund des Dachs besonders ist. Als Inspiration dafür diente dem Projektteam der spektakuläre Ausblick des Grundstücks an einem Küstenhang. Mit einem Blick aufs Dach bekommen die Bewohner*innen das zu sehen, was ihnen auch ein Blick nach vorne bietet: eine Meereswelle. Aber ganz aus Holz. Konkret besteht das freigeformte Dach aus Eiche und Baubuche, dazwischen gespannt sind Sekundärträger aus Fichte. Die Villa ist in den Hang gebaut, auf Eingangsebene eingeschossig mit einer großen Terrasse. Hinten ist das Dach flach und eben, vorne formt es acht Wellentäler mit steigenden Wellenbergen. Sie spenden der Terrasse mit einer 7,5-Meter-Auskragung Schatten. Für den Welleneffekt des Dachs sorgen 187 Sekundärbalken, sie bilden die Wellenberge. In den Wellentälern dienen acht Hauptträger als primäre Tragestruktur, die auf je drei schlanken Stahlstützen ruhen. Sie sind jeweils 24 Meter lang und einen Meter breit. Die Holzwelle von Bodrum ist riesig.

Schwappender Dachrand

Die Konstruktion war eine Herausforderung. Wenige der Bauteile sind wirklich gleich. Die Welle des Daches entwickelt sich nach vorne hin, dadurch variieren die Größen und Formen. Die Bögen der Sekundärträger haben etwa vorne eine Stichhöhe von eineinhalb Metern, hinten konnte das Projektteam gerade Fichtenholzbalken einsetzen. Der vordere Dachrandbogen simuliert durch eine zweisinnige Krümmung die Bewegung einer echten Welle. Das Wellendach, es schwappt nach vorne wie das Meer.

Für den Baustoff Holz entschied sich das Projektteam neben ästhetischen Gründen auch aus Pragmatik. Im Vergleich zu einem Betondach in derselben Größe ist das 1.600-Quadratmeter-Holzdach deutlich leichter. Und die Bauzeit der Holzkonstruktion ist wesentlich kürzer.Dafür musste die Planung besonders exakt sein. „Hier war sehr viel Steuerungskompetenz gefordert,“ sagt Martin Eggenberger, Projektleiter bei Blumer-Lehmann. Die Anfertigung der Einzelelemente erfolgte in der Schweiz. Ziel war es, möglichst viele gerade Elemente fertigen zu können. Die Zahl der gekrümmten Rohlinge wurde auf ein Minimum reduziert. Auch das Krangewicht und die Abmessungen der Einzelteile für den Transport wurden schon bei der Planung berücksichtigt.

Die Kunst des Zeitmanagements

Der Transport mit Lkw dauerte sieben bis elf Tage und verlief über sieben Ländergrenzen. Die Touren mussten das Projektteam minutiös vorplanen, um Montagepausen auf der Baustelle zu verhindern. Ebenso galt es, auf die unterschiedlichen Zollanforderungen vorbereitet zu sein.

In der Türkei ging es dann schnell. Die Montage der Rohbaukonstruktion dauerte sieben Wochen. Hinzu kamen noch weitere elf Wochen für die Eichenholzverkleidung.Die Unterseiten des Daches wurden innen und außen mit geöltem Eichenholz verschalt.Bei den Tragbalken musste das Projektteam vorne Kosten sparen. Sie sind mit Furnierschichtholz aus Buche verstärkt, hinten mit Fichtenholz und miteinander verklebt. Die Bogenbinder sind aus Fichtenholz gefertigt, nur der sichtbare Dachrandbogen besteht aus massiver Eiche.

Insgesamt wurden für das Wellendach in Bodrum rund 50 Kubikmeter Eichenholz plus weitere 25 Kubikmeter für die Eichenschalung verbaut. Daneben benötigte das Projektteam vier Kubikmeter Buchenholz. Und 300 Kubikmeter Fichtenholz. So viel steht fest: Die Welle an der türkischen Ägäis besteht aus einer Menge Holz.

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