Beim Sanieren denkmalgeschützter Gebäude kämpfen Denkmalpfleger:innen stets mit der Herausforderung, moderne Energie-Standards einzuhalten und umzusetzen. Zimmermann Sebastian Schmäh hat dazu ein paar Tipps parat.

Das alte Rebmannshaus in Sipplingen am Bodensee aus dem Jahre 1682 in neuem Glanz. ©Foto: Martin Maier/Gegenlicht

Was Sebastian Schmäh selbst in beweglichsten Grundschulzeiten im Sportunterricht nie gelang, meistert er heute tagtäglich in seinem Beruf: den Spagat. Als Zimmermann und spezialisierter Denkmalpfleger muss er stets Tradition und Moderne verbinden, sowohl kostspieligeres, weil ökologischeres Material einsetzen, aber gleichzeitig das Budget der Kund:innen im Auge behalten. Zudem gilt es, zugleich hohe denkmalpflegerische Anforderungen als auch energetische und ökologische Standards einzuhalten.

Abreißen oder nicht?
Gehen wir acht Jahre zurück und reisen nach Sipplingen, einer Gemeinde am Bodensee. Dort steht dieses alte Rebmannshaus, erbaut 1682. Ein Wunder, dass die drei Stockwerke noch nicht ineinander zusammengefallen sind. Abreißen!, rufen etliche Anwohner:innen. Der Schandfleck müsse weg, da könne doch was Schönes, was Neues hin. Abreißen – das ist das Stichwort für Sebastian Schmäh, wie ein um Hilfe gerufener Superheld einzuschreiten: als Retter des Unrettbaren. Er habe damals gesehen, wieviel Qualität noch in dem Gebäude steckte, sagt der heute 47-Jährige. Mit seiner Berufserfahrung, viel Optimismus und einem vollen Glas Mut nahm er sich dem Rebmannshaus an. Man muss auch dazusagen: Dieser Mann liebt Herausforderungen.

Herausforderung 1: Die Dämmung
Eine der vielen Herausforderungen, die ihn und sein Team während der vier Jahre Bauzeit begleiteten, war die Dämmung. Bei einem Kulturdenkmal ist außenliegender Wärmeschutz nicht zugelassen. Man möchte zentimetertiefe Laibungen vermeiden. „Sieht architektonisch einfach nicht schön aus“, sagt Sebastian Schmäh. Also machte er sich Gedanken um eine verträgliche Innenwanddämmung, die er zusätzlich mit einer Wandheizung versehen wollte.
Die knapp zwölf Zentimeter tiefe Dämmung stellten Schmäh und seine Mitarbeiter:innen mittels einer Hanfstampflehmschüttung her, die sie mit einer Schilfmatte auf eine Innenkonstruktion montierten. Darüber legten sie Heizschlangen, verschlossen alles mit einem Lehmputz. Dadurch konnten die Zimmermänner moderne, energetische Themen mit altertümlichen Baumaterialien verbinden: Wandheizung und raumgetrennte Energiesteuerung versus Hanflehmgemische, also ökologische Materialien.

Herausforderung 2: Die Fenster
Eine weitere Herausforderung mit Blick auf energetisches Sanieren waren die Fenster. Sie sollten natürlich weitestgehend erhalten bleiben, waren aber luftdurchlässig, als hätten sie ihren Lebenssinn mit dem eines Ventilators vertauscht. Wie also das Problem lösen? Sebastian Schmäh versah das außenliegende Flügelpaar sowie den Kastenrahmen mit einer Dichtung und setzte von innen ein modernes Fenster gegen den Kastenrahmen. Dadurch wurde aus der einfachen Verglasung – dem recht dünnen Walzglas – eine Dreifachverglasung, wobei die Doppel­glasscheibe nicht die üblichen 14–16 mm Abstand hatte, sondern acht. Somit wurde das Fenster technisch aufgewertet und thermisch ertüchtigt, ohne in die Bestandskonstruktion des Fensters irreversibel einzugreifen.
Der Aufwand für solch eine Lösung sei natürlich weitaus höher, als einfach ein neues Fenster einzusetzen, sagt Sebastian Schmäh. Jedes der acht Kastenfenster kostete rund 4.000 €. Aber: „Dadurch behält das Haus seinen Charakter – und der Nachwelt bleiben die Originalfenster erhalten.“

Herausforderung 3: Das Dach
Thermisch notwendig ist auch das Aufbringen einer Aufdachdämmung. Möchte man aber eine Volumenextrusion des Daches vermeiden, die ausschaut, als hätte man dem Dach eine Mütze aufgesetzt, bedarf es eines „kleinen Kniffs“, wie Sebastian Schmäh erzählt: „Wir haben den Ortgang konisch zum Dachrand aufsteigend verjüngt.“ Damit bleibe die Dämmebene über den konditionierten Bereichen vollständig intakt, der Dachrand sowie die Zahnleisten schön schmal. „Wir haben so 14 cm Holzfaser- und 10 cm Zwischensparrendämmung herstellen und zugleich schön kaschieren können.“ Auch mit dieser Lösung wurde man sowohl denkmalpflegerischen als auch energetischen Anforderungen mehr als gerecht – mit einem Spagat eben.

Zum Unternehmen
Holzbau Schmäh aus Meersburg am Bodensee blickt auf 150 Jahre Firmengeschichte zurück. Sebastian Schmäh leitet das Unternehmen in sechster Generation. 47 Mitarbeitende sind festangestellt. Das sanierte Rebmannshaus in Sipplingen bekam 2021 den Denkmalschutzpreis von Baden-Württemberg verliehen.

 

(Christian Engel)

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