Die geplante neue Vorarlberger Bautechnikverordnung steht in der Kritik: Sie „gefährde das Ziel der Energieautonomie“. Alternative Vorschläge kommen von mehreren Seiten.

Anhand von realen Bauprojekten wie dem KliNaWo erstellte das Energieinstitut Vorarlberg eine Kostenoptimalitätsstudie für das westliche österreichische Bundesland. Foto: Energieinstitut Vorarlberg

Die Vorarlberger Bautechnikverordnung (BVT) schreibt die aktuellen Mindeststandards im Neubau und bei der Sanierung von Gebäuden für die kommenden Jahre fest. Alle drei bis vier Jahre wird sie überarbeitet und auf einen neuen Stand gebracht. Für 2021 hat das österreichische Bundesland wieder einen Entwurf vorgelegt, der allerdings bei einigen im Klimaschutz engagierten Unternehmen und Organisationen Kritik laut werden lässt. „Um die Energieautonomie zu erreichen, müssen wir unseren Gebäudebestand nach und nach auf den optimalen Standard bringen. Die Landesregierung muss mit der anstehenden Novelle ambitionierte Maßnahmen setzen, sonst gefährdet sie das Ziel der Energieautonomie“, sagt etwa Christof Drexel, Obmann des Vereins KlimaVOR!. 

„Die notwendigen Anstrengungen zur Erreichung der Energieautonomie sind in diesem Entwurf wieder nicht erkennbar. Die Zeit der lauen Kompromisse ist endgültig abgelaufen.“ – Univ.-Prof. Arch. DI Hermann Kaufmann

Sechs Forderungen der Klimaschutz-Allianz

Gemeinsam mit 18 Organisationen und Unternehmen brachte KlimaVOR! eine Stellungnahme zur geplanten Novelle ein. Diese enthält sechs konkrete Forderungen zur Bautechnikverordnung für höhere technische Standards sowohl im Neubau als auch in der Sanierung. Konkret wird die deutliche Reduktion der Treibhausgasemissionen von Gebäuden, höhere Standards bei Teilsanierungen und eine verpflichtende Installation von Photovoltaikanlagen verlangt. Zu den Unterstützer*innen der von KlimaVOR! eingereichten Stellungnahme gehören die Architekten Carlo Baumschlager, Roland Gnaiger, Johannes Kaufmann und Hermann Kaufmann, der Bauunternehmer Hubert Rhomberg und der Bürgermeister von Mäder, Rainer Siegele. Auch Unternehmen wie DOMA Solartechnik, Enercret, Morscher Bau, das Planungsteam E-Plus und Weider Wärmepumpen unterstützen die Stellungnahme. Zudem unterstützen Organisationen wie die ARGE Erneuerbare Energie, die Gemeinwohlökonomie Vorarlberg und das Klimabündnis die Forderungen. 

„Wenn nicht wir in Vorarlberg, mit unseren großartigen Voraussetzungen an technischem und handwerklichem Know-how, an Wohlstand und Akzeptanz in der Bevölkerung, vorzeigen können,wie Energieautonomie und die Klimaziele zu erreichen sind, wer in Europa soll es dann tun?“ – o. Univ.Prof. em. Mag.arch. DI Roland Gnaiger

Die wichtigsten Punkte

  • Der laut Klimaschutz-Allianz wichtigste Punkt sei die sofortige Senkung der Treibhausgasemissionen von Neubauten auf maximal 10 Kilogramm CO2-Equivalent pro Quadratmeter und Jahr (10 kgCO2e/m²BGF.a). Gasheizungen im Neubau wären unter diesen Umständen kaum mehr wirtschaftlich. Ab 2023 solle dieser Wert auf 8 gesenkt werden.
  • Eine zweite Forderung sind strengere Grenzwerte für Bauteilsanierungen: „Wir halten die massive Reduktion der Grenzwerte schon aus wirtschaftlichen Gründen für dringend erforderlich“, heißt es in der Stellungnahme. „Der Entwurf würde für Vorarlberg weit schlechtere Qualitäten zulassen als der Rest Österreichs. Zudem sind die empfohlenen Werte Voraussetzung für die Erreichung der Ziele zur Energieautonomie.“
  • Sinnvoll sei nach Ansicht der Klimaschutz-Allianz auch eine Verpflichtung zur Installation einer Photovoltaikanlage: „Der erforderliche, massive Ausbau erneuerbarer Energien kann nur gelingen, wenn jedes Dach, das eine wirtschaftliche Umsetzung einer Photovoltaikanlage zulässt, auch tatsächlich genutzt wird.“

Neujustierung auch vom Energieinstitut Vorarlberg gefordert

Auch das Energieinstitut Vorarlberg erarbeitete im Rahmen eines laufenden EU-Projekts einen Vorschlag zur BTV 2021, betreffend die Definition der Mindestanforderungen des Standards Niedrigstenergiehaus. Dieser soll Klimaschutz, Investitions- und Lebenszykluskosten optimieren. „Eine Vorarlberger Kostenoptimalitätsstudie auf Basis von echten, abgerechneten Kosten gebauter Projekte zeigt, dass das Kostenoptimum über den Lebenszyklus bei sehr hohen energetischen Qualitäten liegt. Und dass selbst bei diesen hohen Qualitäten die investiven Mehrkosten sehr gering sind (falls man den Fokus statt auf die Lebenszyklus- nur auf die Errichtungskosten legt)“, heißt es vonseiten des Energieinstituts. „Wir schlagen deshalb vor, die Mindestanforderungen in der Bautechnikverordnung auf das Energieniveau des tatsächliche Kostenoptimums in Vorarlberg zu legen.“ Was dieser Vorschlag zur Neujustierung der energetischen Mindestanforderungen sowie zur Justierung der BTV im Bereich der Gebäudesanierung im Detail enthält, kann auf der Website des Energieinstituts Vorarlberg eingesehen werden.

(sis)

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