Wie weit die Sichtweisen innerhalb der Branche auseinandergehen, wenn es um Holzbau und die Ökobilanzierung geht, zeigte sich Mitte Jänner in Alpbach: Die Diskussionen am Themenabend verliefen hitzig und kontrovers.

Zum Themenabend „Ökobilanzierung: Wo steht der Holzbau?“ kamen Mitte Jänner über 150 Zimmermeister, Ingenieure, Architekten, Bausachverständige und Behördenvertreter nach Alpbach.
Architekt Hermann Kaufmann bezeichnete die Ökobilanz in seinem Vortrag als systematische Analyse der Umwelteinwirkungen von Produkten während des gesamten Lebensweges und bewertete die Bemühungen um eine objektive Nachhaltigkeitszertifizierung als durchaus positiv. Er kritisierte jedoch, dass die Wahl des Baumaterials, abhängig vom Zertifizierungssystem, nur bis zu maximal 22 % in die Bewertung einfließt. Die Ökobilanzierung sei nicht objektiv und werde dem Werkstoff Holz nicht gerecht,­ folgerte Kaufmann. Vielmehr sollten die CO2-Einspa­rung bei der Herstellung des Baustoffes Holz und Frage­stellungen hinsichtlich der Lebensdauer eines Gebäudes im Lebenszyklus stärker in die Bewertung ein­fließen. Die Chancen auf eine europaweite Vereinheitlichung schätzt Kaufmann aufgrund der großen Zahl verschiede­ner Zertifizierungssysteme gering ein.

Die positive CO2-Bilanz des Baustoffes Holz ist ein großer­ Vorteil, den die Holzwirtschaft in Zukunft stärker betonen und verteidigen sollte, appellierte Adolf Merl, PE Central & Eastern GmbH, Wien, an die Branche. Die stoffliche Nutzung müsse, so Merl, der thermischen Nutzung immer vorausgehen: „Holz ist ein viel zu wertvoller Rohstoff, als dass er nur einer thermischen Nutzung zugeführt werden sollte.“ Merl sieht in Zukunft eine wachsende Bedeutung der Ökobilanz, allein schon aufgrund der immer knapper werdenden Ressourcen.

Allgemeiner Tenor der abschließenden Podiumsdiskussion, an der u. a. Michael Flach und der Tiroler Architekt Bruno Moser teilnahmen, war, dass die Ökobilanzierung primär dem Wunsch der Gesellschaft nach einer­ objektiven ökologischen Bewertung eines Gebäudes­ nachkommen sollte und nicht als Marketinginstrument missbraucht werden dürfe. Dass zugleich ein Teil der Branche – wie aus den Diskussionsbeiträgen hervorging – die Notwendigkeit der Ökobilanz prinzipiell anzweifelt, zeigt, wie sehr das Thema die Branche bewegt und spaltet. 

Quelle: proHolz
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