Die Erfolge bei der Züchtung von Pilzkulturen machen auch deren Anwendung als Dämm-Material äußerst schmackhaft. Sie könnten so einen wichtigen Beitrag zur Schonung der Umwelt leisten.
Pilze als Dämmmaterial? Foto: Fraunhofer UMSICHT, Ecovative, dpa
Pilze und Dämmstoffe? Die meisten von uns denken dabei wohl an den Schimmelpilz, der nicht nur dem Gebäude, sondern auch unserer Gesundheit zusetzt. Pilze sind weder Tiere noch Pflanzen und sie bilden eine eigene Gattung von Abbauorganismen, die sich von einem Wirt ernähren und ihn schließlich verdauen. Die Anwendungsmöglichkeiten von Pilzen als nachwachsende Rohstoffe sind äußerst vielfältig, wodurch sie als Alternativen zu Kunststoffen, Holz, Karton und Leder eingesetzt werden können.

Da Pilze im allgemeinen Sprach- und Bedeutungskontext eher negativ besetzt sind, es sei denn, sie werden wie Trüffel oder Steinpilze als Lebensmittel zubereitet, gibt es bei den Konsumenten hinsichtlich neuer Anwendungen sicherlich Vorbehalte, welche deren Vermarktung erschweren.

Wachstum mit Substanz
Wertvoll für die Verarbeitung der Pilze ist dabei nicht der Fruchtkörper, der aus der Erde ragt, sondern das Mycelium, ein weit verzweigtes Netzwerk, das für innovative Materialien genutzt werden kann. Besonders vorteilhaft ist, dass dieses Material einerseits auf einem biologischen und kompostierbaren Nährboden wie Kaffeesatz, Stroh, Weizenspreu oder Buchenspänen wächst und andererseits selbst wieder diesem Kreislauf zugeführt werden kann.

Die verwendeten Grün-Abfälle sind nicht nur nachhaltig, sondern deren Auswahl entscheidet letztlich auch über die Dichte des Materials. Das verwendete Substrat muss vor der Vermischung mit Pilzkulturen lediglich pasteurisiert werden. Insofern eignet sich die Pilzzucht hervorragend für den Ansatz von „Cradle to Cradle“, dessen Ziel ein Wandel hin zum zirkulären Denken ist, bei dem bereits im Zuge der Entwicklung von Produkten an die spätere Entsorgung gedacht wird.

So lassen sich Produkte aus diesem Mycelium-Material einfach kompostieren oder vergraben. Es dauert etwa zwei bis drei Wochen, bis das Substrat von den Myzelien-Fäden durchzogen ist und so eine feste Struktur bildet, die anschließend zerkleinert wird. Dieses Ausgangsmaterial lässt sich nun in jede beliebige Form pressen, wo es zunächst aushärtet und in einem Ofen getrocknet wird, bevor es weiterverarbeitet wird.

„Das auf diese Weise entstehende Material hat sehr gute Dämmwerte und macht es somit zu einer Alternative zu Styropor“, so Julia Krayer von der Dezentrale, dem Labor für Zukunftsfragen in Dortmund. Mit den pilzbasierten Materialien will die Biodesignerin nachhaltige und kostengünstige Alternativen zu herkömmlichen Produkten im Werk- und Baustoffbereich zur Marktreife entwickeln.

Genügsam
Auch die Werte hinsichtlich der Schalldämmung lassen sich mit Styropor vergleichen, und sie müssen nicht mit Brandschutzmitteln behandelt werden. Styropor und verwandte EPS-Produkte wie die gängigste Wärmedämmung aus Polystyrol sind genau genommen Sondermüll und überdauern 10.000 Jahre und mehr, ohne zu verrotten. Abgesehen von seinen Dämmeigenschaften weist das Material aus Pilzen auch einen ähnlichen Härtegrad wie Sperrholz auf und kann daher auch für die Konstruktion stabiler Möbel Verwendung finden.

Im Zentrum der Forschung stehen derzeit jene Bedingungen, unter denen das Mycelium am besten gedeihen kann, etwa in Hinsicht auf die Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Ideal wäre es, wenn zur Aufzucht beispielsweise die Abwärme von Industrieprozessen genutzt werden könnte, wobei die Formgebung weder Wasser noch Energie bedarf und das Material zum Wachstum auch kein Licht benötigt. „So müssen wir keine teuren Materialien einkaufen, und wir verzichten auch auf Holz, das erst Jahrzehnte lang wachsen muss“, so die Biodesignerin Krayer.

Prototypen
Abgesehen von den Vorbehalten, die es in der Bevölkerung noch gegenüber Pilzen gibt, gilt es ein zuverlässiges Verfahren zu entwickeln, dass es ermöglicht, größere Platten herzustellen. Bislang werden die Mycelium-Produkte vorwiegend als Ersatz von Styropor für Verpackungen verwendet. Erste Versuche mit Dämmstoffen hat es bereits bei den umweltfreundlichen „tiny houses“ gegeben.

Besonders wichtig für den Einsatz als Dämmstoff für die Fassade oder als Schallabsorber in der Innenarchitektur ist es, zu gewährleisten, dass das Material durch die Trocknung derart ausgehärtet ist, dass es bei Feuchtigkeit hinsichtlich der Ausbreitung von Schimmelpilzen zumindest ähnliche Eigenschaften wie Holz aufweist. (tdu)
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