Der EU-Innovationspreis "Erfinder des Jahres" des Europäische Patentamts (EPA) geht dieses Jahr an zwei Forscher, die aus dem Ausgangsstoff Lignin eine Art flüssigen Holzkunststoff entwickelt haben. Das Material ist wegen seiner hohen Formbarkeit vielfältig einsetzbar.

Jürgen Pfitzer und Helmut Nägele vom Fraunhofer Institut für Chemische Technologie arbeiten seit 1992 daran, Tropenholz durch "grünen" Kunststoff zu ersetzen. Bei ihren Forschungen stießen sie auf das im Holz vorkommende Lignin, welches das am zweithäufigsten vorkommende Polymer in der Natur ist. Allein in der europäischen Papierindustrie fallen davon jährlich rund 60 Millionen Tonnen an. Bisher werden sie zur Energiegewinnung verfeuert.

Doch der nachwachsende Rohstoff läßt sich auch anders nutzen: Durch die Mischung von Lignin und Naturfasern entsteht der thermoplastische Werkstoff "Arboform". Dieser kann aus Erdöl gewonnene Kunststoffe vielfach ersetzen. "Wir arbeiten seit Jahren an der optimalen Zusammensetzung von Naturpolymeren und Naturfasern", berichten Helmut Nägele und Jürgen Pfitzer. Die Forscher haben dadurch erreicht, dass "Arboform" besser verarbeitbar und wärmebeständiger geworden ist. Heute lässt es sich wie ein Kunststoff, etwa im Spritzgussverfahren, kostengünstig verarbeiten.

Das macht das Flüssigholz auch im Automobilbereich einsetzbar: "Bei hochwertigen Autos mit Edelholzausstattung gab es bisher oft ein Problem: Das Holz für Lenkräder und Armaturenbretter ist teuer. Deshalb macht man sie nicht aus Vollholz, sondern verwendet unter einem Edelholzfurnier ein Trägermaterial, meist Kunststoff. Dieser dehnt sich bei Hitze jedoch zehnmal stärker aus als Holz. Da im Auto starke Temperaturschwankungen herrschen, kann das Holzfurnier bei Hitze leicht aufreißen oder sich vom Träger ablösen", erklären die Forscher die Problematik.

Da "Arboform" die gleichen Materialeigenschaften wie Holz besitzt, bietet er sich als Werkstoff für die Trägerkonstruktion an. In Zukunft könnten Holzwerkstoffe aus Lignin klassische Kunststoffe wie Polyamid oder andere technische Konstruktionswerkstoffe als Material für Computer-, Fernseh- oder Handygehäuse verdrängen.

Bei Autos und Flugzeugen wird es schon bald soweit sein: Anstatt mit Tropenhölzern wollen die Autobauer Porsche, Daimler und Fischer Automotive sowie der Flugzeugbauer Airbus nun das Flüssigholz in Innenräumen einsetzen. Es kann auch Plastik ersetzen: Altkunststoff muss dann künftig nicht mehr umweltbelastend verbrannt werden, weil sich „Arboform“ genau wie Holz in die ökologisch unbedenklichen Bestandteile Wasser, Humus und CO2 zersetzt.

Hintergrund: tecnaro GmbH
Bild: tecnaro GmbH
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